Auf dem Weg zu Pfingsten
Ausgießung des Geistes
Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. (Joel 3, 1- 2)
Liebe Schwester, lieber Bruder,
wenn wir in die Geschichte schauen, können wir an vielen Stellen in der Heiligen Schrift lesen, dass Gott sein Volk nie über die Zukunft im Unklaren gelassen hat, es vor- und zubereitet hat. Schon im Alten Bund weisen die Propheten auf unser heutiges Pfingstfest hin. Auch wenn dazu viele Jahrhunderte ins Land ziehen, kommt Gott an sein Ziel. Er deutet auf eine Zeit hin, wo er seinen Heiligen Geist den Menschen senden wird. Gott hat sich nach dem Sündenfall ein Volk auserwählt, das er formt und prägt. Dem Volk wurden Gesetze gegeben, um es auf einen Weg zurück zum Schöpfer zu bringen. Eine lange Zeit ist vergangen, in der wir das Volk begleiten und beobachten können. Wir sehen die Gottesnähe und die Gottesferne – ein Volk im Gehorsam und ein Volk, das sich gegen den Willen Gottes auflehnt. Auch hier sehen wir wieder Gottes Gnade und Langmut mit diesem so eigensinnigen Volk. Er hat es immer erhalten und getragen, neu aufgerichtet und die Wege bereitet.
Darum sollt ihr mir heilig sein; denn ich, der HERR, bin heilig, ich habe euch abgesondert von den Völkern, dass ihr mein wäret. (3. Mose 20, 26)
Vom Gesetz wissen wir, dass es heilig und gut ist. Das Befolgen ist der Weg, Gott näher zu kommen. Da der Mensch nicht vollkommen ist, hat Gott einen Rahmen und Schranken gegeben. Wie schwer es fällt, sie zu halten und zu befolgen, sehen wir bis in unsere Tage. Israel war in diesen Tagen immer noch, immer wieder, im Kindesalter – durch das Band der Liebe gezogen und erzogen. Es war noch keine Vergebung der Sünden möglich. Der Blick ist auf eine natürliche Schöpfung gerichtet mit Adam und Eva im Paradies. Eva ist geschaffen aus einer Rippe von Adam – „Fleisch von meinem Fleisch“ (1. Mose 2, 23). Wir finden noch nicht die Rede von einem Leib Christi, von einer Kirche Christi. Aber auch schon hier hat der Heilige Geist die Menschen im Alten Bund getröstet und auf etwas Neues, Großes und Zukünftiges hingewiesen.
Mit der Geburt Jesu beginnt ein neuer, alles entscheidender Abschnitt in „Gottes Heilsplan“: Dem Menschen einen Weg zurück zum Schöpfer zu ermöglichen, durch einen Erlöser, Messias. Auch hier finden wir wieder, dass die Zeit erfüllet war. Das, was Propheten im Auftrag Gottes den Menschen offenbart hatten, wurde sichtbar. Wir kennen viele Stellen, die über Jahrhunderte gezeigt waren, aber nicht erklärt werden konnten. Da finden wir zum Beispiel den Stammbaum, aus dem der Erlöser kommen soll, den Ort, an dem er geboren werden soll und alles erfüllte sich vor den Augen der Menschen, die wunderbare Wegbereitung der drei Weisen und ihre Anbetung eines zukünftigen Königs. Und wieder verging Zeit, in der Jesus zunahm vor Gott und Menschen, die Zeit mit seinen Anfechtungen und seinem Kampf gegen das Böse von Anfang an. Wir kennen den Weg, den er gegangen ist, gehen musste. Auch darin finden wir die Erfüllung der prophetischen Worte. Seine Jünger waren Augen- und Ohrenzeugen und verstanden doch vieles noch nicht. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ihr Meister nicht mehr unter ihnen sein würde und schon gar nicht den Weg, den er gehen musste.
Das Werk des Heiligen Geistes
Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er nimmt es von dem Meinen und wird es euch verkündigen. (Johannes 16, 5-15)
Jesus, der zum Christus geworden ist, hat seinen Auftrag in Treue und Gehorsam fast erledigt. Er lässt die Jünger in die Zukunft sehen und den damit verbundenen Auftrag an sie, seine Apostel.
Nachdem 40 Tage vergangen waren, war er vor den Augen der Jünger in einer Wolke aufgenommen, sie konnten ihn nicht mehr sehen, auch keine Gemeinschaft mit ihm haben. Auch hier war wieder Furcht, wie es weitergehen soll. Durch die Engel wurde der Trost, so wie ihr ihn habt auffahren sehen (Himmelfahrt), so wird er wiederkommen (Wiederkunft). Aus dem Himmel, sitzend zur Rechten des Vaters, sandte er den Heiligen Geist auf sie, der nun in ihnen wirksam wurde.
Jesus Christus hat die Gemeinde (Kirche) gegründet, einen geistigen Tempel verheißen und geschaffen. Er ist hierbei der Baumeister (Eckstein), er hat das Werk begonnen und es beendet (Schlussstein). Mit dem Geschehen am Pfingstfest ist alles gesagt und alles getan für die Gemeinde Christi. Auch hier finden wir eine Parallele zu Adam und Eva (Fleisch von meinem Fleisch). Aus Christus ist der geistliche Leib gegründet, er ist das Haupt und wir die Glieder – … ihr in mir und ich in euch (Johannes 14, 20).
Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
(Johannes 14, 16-17)
Die Spendung und Ausgießung des Heiligen Geistes beim ersten Pfingstfest waren die Erfüllung seiner verheißenen Worte. Allen, die Jesus Christus angenommen haben, ist diese Gnade geschenkt. Und auch an diesem Tag hat sich die Prophezeiung von Joel erfüllt. Jerusalem hatte viele Besucher, man war versammelt, um das erste Erntedankfest (Schawuot) zu feiern.
Es war jetzt nicht mehr wie im Alten Bund, als der Heilige Geist wenige Menschen als Werkzeug benutzte, sondern jetzt wohnt er in allen Menschen, die Christus angenommen haben.
Schauen wir jetzt in unsere Zeit und unser Verständnis über die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.
Wir haben am 01.12.2024 unser neues Kirchenjahr mit einem Textwort aus dem Jesaja 11, 1-5 begonnen. Hier finden wir eine sehr deutliche Beschreibung der Charaktereigenschaften des Heiligen Geistes. Hier spricht der Prophet Jesaja ca. 700 Jahre vor Christus darüber im Auftrag Gottes.
Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. (Jesaja 11, 2)
Wir finden 7 Eigenschaften – auch hier wieder die Zahl 7, die Zahl der Vollkommenheit.
- Der Geist des Herrn (Lebensfreude, Zuversicht, Optimismus)
- Der Geist der Weisheit (mit Gottes Augen sehen, mit Gottes Wesen lieben)
- Der Geist des Verstandes (Verstand der Einsicht, andere haben auch Recht, Fehler zugeben)
- Der Geist des Rates (um Gottes Wegbereitung bitten, ihn um Rat fragen, Ruhe, Versöhnung)
- Der Geist der Stärke (Gebet, Gemeinschaft, Tröster, Kraftquell)
- Der Geist der Erkenntnis (Gott erkennen als Schöpfer, Sinn des Lebens, mein Platz)
- Der Geist der Furcht des Herrn (Gottes Allmacht, meine Demut)
Das alles sind nur Ansätze und sie sollen uns zum Nachdenken anregen, mit der einen oder anderen Frage in die Gemeindestunde, in den Bibelkreis zu gehen. Wir wollen das Wort bewegen, meine Gedanken und Gefühle mit Schwester und Bruder teilen. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen (Matthäus 18, 19). Denken wir an die Stunden zurück, in denen uns Gott ganz nahe war und wir beschenkt wurden. Es war der Heilige Geist, der unter uns gewirkt hat.
Und das ist unser Gedenken zu Pfingsten, an die große Gnade Gottes, die er allen Menschen schenken will: Für uns heute ist der Weg Taufe und Versiegelung (einige Taufe), die Aufnahme in die Kirche Christi und die Spendung des Heiligen Geistes durch Apostelhände.
Apostel Andreas Guse